Ein halbes Jahrhundert King Georg
Seit 50 Jahren hält sich das King Georg an seinem Platz in der Sudermanstraße 2, noch hartnäckiger halten sich nur Gerüchte um seine Vorläufer und Vergangenheit. Immerhin bewarb schon 1957 das Parisiana „attraktive Französinnen und temperamentvolle Schönheitstänze“. Tatsächlich hat sich hier seit der Eröffnung als King Georg im Jahr 1968 nie eine echte Table Dance Bar befunden. Aber der Mythos passt nun mal hervorragend zum viel beschworenen „Chicago am Rhein“ – also zum Ruf jener Kölner Halbwelt der Sechziger, deren prominente Ganoven Stadtgeschichte schrieben. Schummerige Lämpchen, goldene Stangen, glitzernder Kronleuchter, Tanzboden aus Messing – die Einrichtung tat ihr Übriges, um halbseidene Legenden in die Welt zu setzen.
Romantische Vorstellungen
Über den Zeitraum eines halben Jahrhunderts hat ein breit gefächertes Publikum die sympathischen Eigenheiten der Bar schätzen gelernt. Das fängt damit an, dass sie King Georg heißt – und nicht King George! Warum das „e“ und damit die englische Aussprache einst unter den Tisch fielen, ist nicht überliefert. Vielleicht hat die Person des Welfenkönigs und gleichzeitig ersten englischen Königs (1714) Georg I. Pate gestanden, dessen deutsche Abstammung, die mangelnden Kenntnisse der englischen Sprache und sein Ruf als Frauenheld eine gelungene Begründung der Namensgebung abgeben – und dessen Konterfei daher über der Bar hängt. Der Schriftzug des King Georg ist aber eher der Whiskysorte King George V. entlehnt…. Und es gibt auch eine kölsche Erklärungsversion: Irgendwann sei von der Leuchtschrift das „e“ heruntergefallen…
Zwischen Exklusiv und Geheimtipp
2008 kam ein Romantiker mit frischen Ideen ans Ruder. André Sauer übernahm das Steuer von Manfred Weinmann. Er beließ das Interieur, krempelte den Laden mit seinem Team jedoch programmatisch auf links. In der neuen Klubbar gab es Konzerte und DJ-Sets, Lesungen und Vorträge, Burleske-Auftritte und andere Performances. Jan Lankischs legendäre Konzertreihe ACBTY erfuhr internationale Beachtung und schuf eine lokale Fangemeinde, Kooperationen mit der Akademie der Künste der Welt, dem Literaturhaus oder dem Week-End-Fest sorgten für eine engere Vernetzung des King Georg in der kulturellen Szene der Stadt. Für sein musikalisches Booking wurde es drei Mal mit dem Spielstättenprogrammpreis Applaus ausgezeichnet.
Jazz und andere Neuigkeiten
2019 stand das King Georg vor gleich mehreren Herausforderungen: Die Mannschaft war erschöpft, die Kassen leer, die Einrichtung zwar spannend aber marode und deshalb eine Grundsanierung behördlich erforderlich.
Als neue Betreiber fanden sich Jazz-Verrückte aus dem Kreis des Fördervereins der Cologne Jazz Supporters e.V. Neben notwendigen und wohlüberlegten Modernisierungen mit dem Ziel der Aufrechterhaltung der Atmosphäre des King Georg setzen sie einen neuen musikalischen Schwerpunkt: Jazz, straight ahead, modern and more… wie es sich für einen Jazz-Club gehört. Die Idee: Von Montag bis Donnerstag mindestens zwei Mal in der Woche hervorragende Jazz-Live-Konzerte, an den „freien“ Tagen für die Besucher kostenlose Gigs von „Young Talents“ der Musikhochschule. Dazu am Freitag und Samstag ein abwechslungsreiches Programm mit Literatur und unterschiedlichen Musikrichtungen, bevor um 23 Uhr die DJs starten. An 6 Tagen in der Woche zu öffnen ist mutig – die Mannschaft des King Georg macht es durch ihr Engagement möglich.
Die Konzentration auf Jazz steht geradezu sinnbildlich für die Verbindung von Tradition und Gegenwart. Das Rezept heißt ganz einfach: Gute Unterhaltung. Es soll dafür sorgen, das geschichtsträchtige King Georg als besonderen Ort für Live-Musik, durchtanzte Nächte und sonstige Kulturveranstaltungen an seinem angestammten Platz nachhaltig zu verankern. Für alle, die Lust darauf haben, das King Georg, die Musik, den gelungenen Cocktail und – wie in Köln üblich – ein wenig sich selbst zu feiern. Als Club der Künstler, Jazzliebhaber, Nachtschwärmer. Und für alle, die es noch werden wollen.